Stadt-Pilgerweg Frankfurt am Main


Pilgern in der Großstadt? Hmm, ob das geht? Was ist Pilgern überhaupt? Muss das nicht weit und lang gehen? An ein bestimmtes (Wallfahrts-)Ziel?

 

Nachdem ich vom Stadtpilgerweg in Frankfurt gelesen hatte, war klar, dass ich das unbedingt ausprobieren möchte. Genau genommen heißt der Weg:

Spiritueller Stadtpilgerweg – Wege in Freiheit und Verbundensein.

Entwickelt wurde der Weg vom Heilig Kreuz – Zentrum für christliche Meditation und Spiritualität in Frankfurt und den beiden Verantwortlichen Simone Müller und Kristina Wolf MMS. Es wurde ein Weg von knapp 6 Kilometern durch die Innenstadt Frankfurts mit 11 „Haltepunkten“, zu denen es passende Anregungen, Gedanken und Impulsen gibt. Dazu gibt es auch ein kleines Begleitheft, aber man kann sich dieses auch im Internet herunterladen (alle wichtigen Links gibt es am Ende meines Beitrags).

 

Pilgern

 

Pilgern kommt aus dem Lateinischen pergere, was so viel heißt wie sich aufmachen, aufbrechen, weitergehen. Oder auch „per agere“, was man als „jenseits des Ackers“ oder „in der Fremde“ übersetzt. Man macht sich beim Pilgern also auf in die Fremde. Diese „Fremde“ muss nicht unbedingt ein völliges Neuland sein, welches man betritt. Man kann auch sagen, dass man bei Pilgern etwas Neues (also etwas bisher „Fremdes“) erfährt, über sich, über die Beziehung zur Welt oder zu Gott.

„Meiner Meinung nach ist es nicht wichtig, ob eine Wallfahrt einen Tag, zwei Monate oder nur eine halbe Stunde dauert“, sagt der Theologe Harald Weber. „Es ist immer ein Aussteigen aus dem Alltag, das bewirkt, dass man die Welt mit anderen Augen ansieht.“ Er pilgert weit, doch manchmal auch einfach „für 5 Minuten“ zwischendurch im Alltag.

 

Die Welt mit anderen Augen ansehen

 

Das gefällt mir als heutiges Motto: die Welt – und mich – mit anderen Augen ansehen. Und dazu mache ich mich nun auf nach Frankfurt. In die fünftgrößte Stadt Deutschlands mit über 773.000 Einwohnern. Quirlig ohne Ende, viele Autos auf den Straßen, Menschen, wohin man auch kommt. Eine beeindruckende Skyline, Börse, Europäische Zentralbank, Einkaufszentren, Messe.

Und ausgerechnet dort will ich die „Welt und mich mit neuen Augen sehen“.

Aber klar, ich liebe neue Erkenntnisse, und wenn ich es nicht ausprobiere, werde ich es nie erfahren.

 

Mein Weg beginnt – Liebfrauenkirche

 

Die Liebfrauenkirche mit dem ruhigen Innenhof und dem Meer an brennenden Teelichtern ist der Beginn. Diesen Platz kenne ich schon. Der Eingang liegt etwas versteckt. Irgendwann hatte ich ihn einmal entdeckt, und wenn ich in der Innenstadt bin, gehe ich gerne auch mal kurz hierhin.

Der Kontrast zu draußen ist unglaublich. Hier die Ruhe und dort das wuselige Gedränge der Menschen, die zwischen Römerberg und Hauptwache hin- und hereilen. Direkt an den Innenhof grenzt auch das Kapuzinerkloster. Heute Morgen heißt der Franziskustreff schon Bedürftige und Obdachlose zum Frühstücken herzlich willkommen.

 

Erinnere dich an einen Moment der Freude und spüre nach, wo im Körper du es wahrnimmst.

 

Diesem Impuls kann ich leicht folgen. In meinem Leben gibt es viele freudige Momente. Wenn ich hier in der Stille darüber nachdenke, hüpft mein Herz vor Dankbarkeit. Ich soll eine Kerze mitnehmen, die ich am Ende, wenn ich hier wieder ankomme, entzünden soll. Das mache ich doch gerne.

Ich nehme eine der vielen Kerzen, werfe eine Münze in die Dose und stecke die Kerze in meinen Rucksack. Dabei komme ich mir ein bisschen komisch vor, denn alle anderen zünden ihre Kerzen natürlich an – nur ich lasse sie in meiner Tasche verschwinden. Nun ja, ich denke, ich werde mich heute noch das ein oder andere Mal „komisch“ fühlen.

 

Hauptwache

 

Zur Hauptwache benötige ich keine Wegbeschreibung. In 5 Minuten ist man schon mitten auf dem Platz. Er ist ein Verkehrsknotenpunkt: oberirdisch münden sieben Straßen auf den Platz und unterirdisch findet man einen großen S- und U-Bahnhof. Mir gefällt es, dass die Hauptwache inzwischen autofrei ist und ich nun, ohne ständig befürchten zu müssen, umgefahren zu werden, einfach über ihn schlendern kann.

Ich werde aufgefordert, mir diesen Platz des Kommens und Gehens genau anzuschauen. Es ist 9:00 Uhr morgens und tatsächlich ist noch nicht viel los.

 

Also Ruhe für mich, um über die Knotenpunkte, Wendungen und Kreuzungen meines Lebens nachzudenken.

 

Da muss zum ersten Mal mein kleines – ich nenne es jetzt mal stolz „Pilgerheftchen“ – herhalten. Wendungen und Kreuzungen, an denen ich mich entscheiden musste, fallen mir gleich einige ein. Mein Bleistift fliegt übers Papier. Die erste Seite ist schnell gefüllt.

 

Die Börse mit Bulle und Bär

 

Ein paar Minuten später erreiche ich die Skulptur von Bulle und Bär vor der Neuen Börse aus dem Jahr 1879. Schon 1150 wird in Frankfurt die erste Herbstmesse erwähnt – und seitdem findet in Frankfurt ein reger Handel statt. Kurse schwanken. Bulle und Bär stehen symbolisch vor dem Börsengebäude und stellen die Marktteilnehmer dar. Während der Bulle optimistisch ist und auf Aufschwung hofft, ist der Bär der Pessimist und setzt auf fallende Kurse. Der Bulle stößt mit seinen Hörnern nach oben – er zeigt damit den Aufschwung. Der Bär schlägt mit seiner Pranke von oben nach unten und demonstriert den Kursabfall.

Bulle und Bär an der Börse
Bulle und Bär an der Börse

Die Börse kenne ich von früher, manchmal hatte ich hier in meinem Leben als Bankkauffrau zu tun. Doch noch nie habe ich mich mit der Skulptur besonders beschäftigt. Heute soll ich mir hier einen Platz suchen.

 

Und ich soll mich entscheiden, zu wem ich mich mehr hingezogen fühle, wer mir nähersteht, Bulle oder Bär.

 

Die Haltung des Bullen spricht mich sofort an. Stolz steht er da, während der Bär eher ein unterwürfiges Bild abgibt. Nein auf fallende Kurse möchte ich in meinem Leben nicht spekulieren.

Wegstrecke von der Börse zum Theaterplatz

 

Es geht durch die Schluchten der Hochhäuser, die in der Morgensonne in allen möglichen Farbnuancen schimmern. Mich faszinieren diese Gebäude immer wieder. Während früher einfach nach oben gebaut wurde, sind die Architekten heute sehr kreativ. Die Türme verdeutlichen, wie sehr wir in einer globalisierten Welt leben. Freiheit und Verbundensein, so der Impuls auf dem Weg, sind Gewinn als auch Herausforderung für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.

 

Der Frage, welche Freiheit ich besonders schätze, gehe ich gerne nach.

 

Ich blicke in den Himmel, den die Hochhäuser über mir freigeben und fühle nochmal die Dankbarkeit bei meiner ersten Station. Wir können hier in Freiheit leben. Das ist herrlich, doch meine Gedanken gehen auf meinem langsamen Weg noch tiefer in das Thema.

Die mir entgegenkommenden Menschen sind mit Sicherheit gerade in andere Gedanken vertieft. Vielleicht denken sie an steigende und fallende Kurse …

 

Theaterplatz (Willy-Brandt-Platz)

 

Oper, Schauspiel und Die Komödie treffen hier zusammen. Auf einer Bank unter den alten Bäumen der Gallusanlage gehe ich der Frage auf den Grund:

 

Welche Geschichten schlummern noch in mir, die noch unaufgeführt sind.

 

Welche möchte ich gerne aufgeführt sehen? Auf der Bühne meines Lebens. Antworten füllen mein kleines Pilgerheftchen. Sie hängen zusammen mit den Freiheiten, die ich in meinem Leben schätze. Ja, alles hängt natürlich immer wieder zusammen.

Oper / Städtische Bühnen Frankfurt
Oper / Städtische Bühnen Frankfurt

Mir gefällt die Vorstellung, meine Träume auf meiner kleinen Bühne zum Leben zu erwecken. Also Vorhang auf …

 

Paulskirche

 

Wer kennt sie nicht, die Paulskirche – dieses Symbol für die Deutsche Demokratiebewegung.

Paulskirche
Paulskirche

Hier tagten 1848 bis 1849 die Delegierten der Frankfurter Nationalversammlung, der ersten Volksvertretung für ganz Deutschland. Sie entschieden seinerzeit per Mehrheitsbeschluss.

 

An diesem Ort geht es auch um meine Entscheidungsfindungen.

 

Ich stelle fest, wie sich das im Laufe meines Lebensweges immer wieder geändert hat. Einsame Entscheidungen, Entscheidungen, bei denen die Familie involviert waren, Entscheidungen aus dem Bauch heraus – oder mit dem Kopf …

 

Der Römerberg

 

Der Römer, die „gut Stubb“ von Frankfurt (für Nicht-Hessen, also die Gute Stube). Hier folge ich dem Rat der Initiatorinnen des Pilgerweges sehr gerne.

 

Ich suche mir einen Ort, um zu verweilen.

 

Wo geht das besser als in einem der Cafés am Rande des großen Platzes? Ich bestelle mir ein Frühstück und schaue den Menschen zu. Manche laufen einfach über den Platz, ohne nach rechts und links zu blicken. Sie scheinen ein festes Ziel vor Augen zu haben. Andere schlendern gemütlich kreuz und quer. Die erste Hochzeitsgesellschaft des Tages kommt lachend aus dem Rathaus. Die fröhliche Runde feiert den Beginn eines neuen Lebensabschnittes. Es macht mir Spaß, viele Nationalitäten zu sehen und unterschiedliche Sprachen zu hören. Das macht diesen Platz, wo man gerne zusammenkommt, aus.

Es zieht mich weiter durch die Neue Altstadt zum Dom, der schon durch die Häuserschluchten lugt.

 

Kaiserdom St. Bartholomäus

 

Im Dom soll man die Weite und Höhe wahrnehmen.

 

Wenn ich bedenke, dass bereits 1239 mit dem Bau begonnen wurde, so ist das eine beachtliche Leistung. Ich recke meinen Kopf in die Höhe und bin besonders von den Fenstern fasziniert, durch die die morgendlichen Sonnenstrahlen fallen. Im Endeffekt geht es mir aber wie immer in solchen großen Kirchengebäuden – ich fühle mich verloren. Kleine Kirchen und Kapellen bevorzuge ich als Rückzugsort sehr viel lieber.

So ist meine Verweildauer hier eher kurz.

Nach dem Domplatz wird es ruhiger. Ich lasse die wuselige Altstadt hinter mir.

 

Jüdischer Friedhof in der Battonnstraße

 

Sofort fällt der Blick auf die unendlich vielen kleinen Steine an der Friedhofsmauer: Fast 12.000 sind es. Jeder trägt einen Namen. Erinnerungssteine an die im Nationalsozialismus umgekommenen jüdischen Bürgerinnen und Bürger Frankfurts. 12000 einzelne Schicksale. Auch der Name von Anne Frank ist hier zu finden.

Neben dem Friedhof steht das Museum Judengasse, welches das jüdische Alltagsleben dokumentiert. Hier an der Kasse kann man sich den Schlüssel für den Friedhof holen, was ich mache.  Es ist der älteste jüdische Friedhof in Frankfurt und nach Worms der zweitälteste in Deutschland. Es gibt ein großes Tor mit der hebräischen Inschrift „Beth Ha’Chaim“ – Haus des Lebens. Dieses Tor bleibt auch mit Schlüssel verschlossen – wenn ich in den Friedhof möchte, muss ich wieder an der Friedhofsmauer entlang zu einem kleinen Tor an der Battonnstraße.

Viel Grün empfängt mich – und eine große Anzahl an Grabsteinen aus Sandstein. Manche sind an der Friedhofsmauer angebracht, andere stehen oder liegen auf dem großen Gelände. Es gibt auch einen Platz für die zerschlagenen Steine. Feinsäuberlich wurden die Fragmente der zerstörten Grabsteine zusammengetragen.

 

Auf der Website des Jüdischen Museums Judengasse kann man dazu lesen: „1939 musste die Gemeinde zusammen mit ihren anderen Liegenschaften auch die Friedhöfe an die Stadt Frankfurt verkaufen. Der Friedhof sollte dem Erdboden gleichgemacht werden. Anfang 1943 begann man, die rund 6.500 Grabsteine in Stücke zu schlagen. … Wegen des Bombenkriegs wurden die Zerstörungsarbeiten eingestellt und der Friedhof als Abladestelle für Trümmerschutt verwendet. 2.500 Grabsteine blieben so vollständig erhalten, außerdem Tausende von Bruchstücken zerschlagener Grabsteine.“

Gräber sind im jüdischen Glauben für die Ewigkeit. Es gibt keine Neubelegungen. Auch die Grabsteine sind auf Dauer geschaffen. Grabschändungen und damit die Störung der ewigen Totenruhe sind nur in einer barbarischen Gesellschaft möglich. Bis heute geht diese mutwillige Zerstörung weiter. Es gibt sogar einen Wikipedia-Eintrag über die „Schändung jüdischer Friedhöfe“. Seit Kriegsende wurden allein in Deutschland über 2000 Mal Fälle einer solchen Schandtat dokumentiert.

 

Schade, dass ich die Inschriften auf den Grabsteinen nicht lesen kann. Welche Lebensgeschichten treffen hier wohl aufeinander? „Wege in Freiheit und Vebundensein“ – so das Motto meines Weges heute durch Frankfurt. Auf diesem Friedhof kommt bei mir der Wunsch nach Verbundensein fast schmerzlich auf. Wann endlich werden wir Menschen in Frieden verbunden sein? Wir schaffen es nicht einmal, unsere Toten ruhen zu lassen …

Beim Gang über den Friedhof und an der Friedhofsmauer entlang mit den nicht endenden Namenssteinen habe ich den vorgegebenen Impuls des Pilgerweges ganz vergessen. Nun werfe ich nochmal einen Blick darauf:

 

„Was erhoffst du dir vom Leben? Wo ist DEIN Haus des Lebens?“

 

Ich lasse die Frage einfach so stehen.

 

Alte Brücke

 

Frankfurt war schon seit der Antike ein wichtiger Mainübergang. Zu seinem Namen kam Frankfurt, durch den Frankenkönig Karl der Große, der hier mit seinen Leuten Ende des 8. Jahrhunderts auf der Flucht vor den Sachsen war. Einer Sage nach zeigte ihnen eine Hirschkuh (in einer anderen Sage ist es ein Reh … aber das wird ja auch heute noch gerne verwechselt) zum Überqueren des Flusses eine flache Furt. Die nachfolgenden Sachsen konnten diese Furt nicht finden, und die Franken waren gerettet. So war der Name geboren die „Furt der Franken“.

Alte Brücke
Alte Brücke

Allein in der Innenstadt Frankfurts gibt es neun Brücken. An der Stelle der Alten Brücke gab es schon 1222 eine Brücke. Sie galt schon früh als Wegekreuz, das die Pilger nach Rom und Santiago de Compostela nutzten, um über den Main zu kommen. Ich „pilgere“ nun auch über sie mit dem Impuls:

 

„Magst du dem Fluss eine Sorge, ein Schmerz oder eine Frage übergeben und wegtragen lassen?“

 

Ich schaue ins Wasser, zuerst auf der linken Seite der Brücke – also in Richtung Offenbach, dorthin, wo der Fluss herkommt, nämlich als Weißer Main aus dem Fichtelgebirge und als Roter Main von der Fränkischen Alb. In Kulmbach vereinigen sie sich zum Main.

 

Möchte ich dem Wasser etwas mitgeben, dann muss ich die Seite wechseln. Der Blick von hier oben hinüber zur Skyline ist beeindruckend, und nach einer gewissen Zeit des Schauens gebe ich dem Fluss meineFrage mit „Welches Denken und Wirken fördert ein respektvolles, verbundenes Miteinander aller Menschen?“. Möge der Fluss diese Frage weitertragen. Ich notiere meine Frage ins Pilgerheftchen. Dort kann sie erst einmal Platz nehmen.

 

Mainufer

 

Die kleine Anleitung zu einer Gehmeditation nehme ich gerne an und setze achtsame Schritte auf den Uferweg.

Die Trägheit der Mittagshitze macht sich auch in meinem Umfeld bemerkbar. Keine Hast ist am Main zu spüren, Menschen sitzen auf den Bänken, auf der Terrasse im Bootshaus oder im Biergarten und lassen es sich gutgehen. Auch mir geht es gut, ich verweile einen Moment, schaue den Schiffen auf dem Main nach und lasse meine Gedanken wohlwollend einfach das tun, was sie gerade wollen.

 

Eiserner Steg 

 

Der Eiserne Steg ist aus dem Wunsch der Frankfurter Bevölkerung entstanden, Frankfurts Altstadt mit Sachsenhausen auf kurzem Wege zu verbinden. Wären die Bürger:innen Frankfurts nicht gewesen, die 1867 eine Aktien- „Gesellschaft zur Errichtung einer Eisernen Brücke am Fahrtor“ gegründet hatten, wäre der Steg vielleicht nie, oder doch sehr viel später gebaut worden. Denn die Stadt wollte dafür kein Geld ausgeben.

Der Eiserne Steg steht auch heute noch für Verbundenheit. Seit Goethes 200. Geburtstag 1999 schmückt ein Schriftzug aus Homers Odyssee die Brücke. Er lautet „Auf weinfarbenem Meer segelnd zu anderssprachigen Menschen“. Unzählige bunte Schlösser am Geländer besiegeln viele „Ewige Lieben“.

 

Womit fühle ich mich verbunden?

 

Diese Frage lasse ich offen und zeichne stattdessen den Eisernen Steg in mein Pilgerheftchen. Als Gedankenstütze dafür, was Menschen schaffen können, wenn sie sich für eine gemeinsame Idee vereinen.

 

St. Leonhard

 

Ich bin am letzten Haltepunkt angekommen: St. Leonhard. Sie ist die älteste der mittelalterlichen Kirchen Frankfurts – und zu meinem Bedauern komplett eingerüstet. Doch das hat sich heute bei meinem Rundgang schon abgezeichnet: es wird enorm viel gewerkelt in Frankfurt. Häuser, Wolkenkratzer, Kirchen, Plätze sind eingerüstet. Ich habe den Eindruck, dass der Wunsch nach Erneuerung durch alle Gassen der Stadt weht. Man scheint sich für die (gesellschaftlichen) Herausforderungen der nächsten Jahre „rüsten“ zu wollen … St. Leonhard ist eine wichtige Station für Pilger:innen und vor der Tür findet man eine schöne Skulptur von drei Pilgerfiguren – wenn denn nicht ein Bauzaun die Sicht versperrt. Schade, das hätte heute gut zu meinem Weg und zu dem letzten Impuls gut gepasst:

 

„Auf welchen Wegen bin ich unterwegs?

Habe ich ein Ziel vor Augen oder wandere ich eher ziellos herum?“

 

In der nahen Fried-Lübbecke-Grünanlage finde ich einen schattigen Platz für meine Notizen im Pilgerheftchen. Von hier aus gelangt man auch in den Römer zum Kaisersaal, der oft für Besucher zugänglich ist.

 

Wieder an der Liebfrauenkirche  

 

Das Ende des Weges ist auch der Anfang. Ich krame meine Kerze aus dem Rucksack und zünde sie nun an. 

 

Wer hat mich auf dem Weg begleitet?

 

Ich stelle fest, ich bin ihn meistens allein gegangen. Hin und wieder, bei dem ein oder anderen Impuls war meine Familie dabei, Freunde waren dabei, lebende und schon verstorbene liebe Mitmenschen. Ein schönes Wort „Mit“menschen. Menschen MIT denen ich wirklich verbunden bin – über den Tod hinaus.

 

Fazit

 

Meine Empfehlung:

 

Tu es einfach! Probiere etwas Neues aus.

 

Gehe auch mal in eine Großstadt auf Pilgertour. Auch als Naturmensch – du findest hier vermutlich andere Antworten als draußen in der Abgeschiedenheit eines Waldes. Doch diese Antworten, die du hier mitten unter den Menschen findest, sind ebenso wertvoll. Du siehst vielleicht einen Aspekt deines Lebens von einer ganz anderen Seite.

 

Wechsele mit dem Gang zwischen den Hochhaus-Schluchten deine Perspektive auf die Welt.

Und lerne dich kennen, ob du nur ohne Ablenkung bei dir sein kannst, oder ob du mitten im Trubel auch deine Mitte findest. Eine wertvolle Erfahrung ist das. Denn das Leben findet nun mal „mittendrin“ statt. Wir sind verbunden, mit allem, mit der Natur, aber auch mit allen Menschen um uns herum.

 

Mir hat es gut gefallen – und ich werde es wieder tun, denn manche Fragen sind noch offen, manche Antworten werden sich wieder ändern und manche Zeichnungen sind noch nicht zu Papier gebracht.

 

Mein Pilgerheftchen freut sich, wenn ich es nochmal heraushole und ergänze. Doch das werde ich auch in der nächsten Zeit von zu Hause aus machen – oder vielleicht auch mal im Wald.

Wege in Freiheit und Verbundensein – haben sich mir eingeprägt. Ich möchte sie weitergehen.

 

Was du brauchst, wenn du den Weg gehen möchtest:

Begleitheft, Pilgerheftchen und Bleistift für unterwegs
Begleitheft, Pilgerheftchen und Bleistift für unterwegs

Was solltest du mitnehmen auf deinem spirituellen Stadtpilgerweg? Auf jeden Fall das Begleitheft über den Weg oder einen Ausdruck aus dem Internet. Dort findest du den Wegverlauf und die Impulse für die Haltepunkte. Natürlich musst du ein kleines Schreibheft und einen Bleistift dabeihaben, wenn du dich ernsthaft auf die Denkanstöße und Themen einlassen willst. Du könntest deine Gedanken natürlich auch digital festhalten. Aber ich finde das Schreiben mit der Hand intensiver. Und vielleicht möchtest du ja auch etwas zeichnen.

 

Wenn du möchtest, kannst du dir etwas zu trinken und essen mitnehmen, aber du findest unterwegs viele Cafés oder Restaurants.

Was du unbedingt brauchst, ist ZEIT.

Du solltest nicht dein normales Gehtempo rechnen. Ich empfehle mindestens einen halben Tag. Es kommt darauf an, wie ausführlich du dich mit den Impulsen beschäftigst, ob du den Friedhof besuchst und den Weg zum Beispiel am schönen Mainufer etwas verlängerst.

UMWEGE gehören zum Pilgern unbedingt dazu. Also lass‘ dich ein auf den Weg und seine „Um“-wege.



Frankfurt am Main
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